Die liebe Marie haben wir dank des Onlinekongresses Glückliche Babys und Kleinkinder kennen gelernt.
Sie hat den Kongress wegen ein paar Stunden verpasst und bei uns angefragt, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, dass sie sich das Interview von Lara Horlacher über die Meergeburt noch anhören könne. So sind wir ins Gespräch gekommen und im Gespräch geblieben.

Weil sie so begeistert von der Geburt ihrer Tochter erzählt hat, habe ich sie gefragt, ob sie Lust hat, über ihr Erlebnis zu schreiben und es mit ganz vielen werdenden Mamas und Papas zu teilen.

Jetzt ist sie da, ihre Geburtsgeschichte und wir freuen uns riesig, sie mit euch allen teilen zu dürfen.

 

Ich sitze hier, eingekuschelt in meine Decke, auf dem Sofa im Wohnzimmer unseres kleinen Häuschens.
Unser Schwedenofen knackt und flackert und verbreitet eine ruhige und besinnliche Atmosphäre. Draußen schneit es und bald schon jährt sich ein so prägendes und wundervolles Ereignis, welches genau hier an diesem gemütlichen Ort stattgefunden hat. Ende März letzten Jahres wurde hier in unserem Wohnzimmer unsere kleine, kerngesunde Tochter geboren – gemeinsam mit meinem Freund und unserer Hebamme.

Die Stimmung war ähnlich. Der Ofen heizte den Raum auf, die Morgensonne schien herein und während ich die Wehen veratmete, trudelte unsere Hebamme ein. Mein Freund baute den Gebärpool auf, den wir uns im Voraus besorgt hatten und ließ herrlich warmes Wasser einlaufen.

Seit ich diesen rundum weichen, großen Pool das erste Mal in der örtlichen Hebammerei gesehen hatte, ging er mir nicht mehr aus dem Kopf. Schon vorher gefiel mir der Gedanke an wärmendes Wasser, an Geborgenheit und die Kraft der Elemente.

Wochen vorher saß ich gespannt und neugierig mit spitzen Ohren im Geburtsvorbereitungskurs und sog alle Infos zur Geburt auf wie ein Schwamm.

Ich wusste, dass ich für mich und mein Kind eine Geburt wollte, die so natürlich und unbeeinflusst wie nur denkbar möglich war.

Deshalb schied ein Krankenhaus für mich aus, zumal ich nicht krank war sondern schwanger. Auch wollte ich nicht wie eine Kranke behandelt werden. Ärzte verband ich mit dem Gedanken an eine Geburt nicht im Geringsten. Genauso wenig wie Medikamente, Schläuche, Kabel, Abhör- und Überwachungsgeräte.
In meiner Vorstellung wollte ich für meine erste Geburt nur die Hilfsmittel, die ich auch im tiefsten Dschungel gehabt hätte – meinen Partner, eine erfahrene Frau, meine Kraft und den Willen des Babys.

Ich wollte mein Kind gebären, so wie ich es wollte. Frei, selbstbestimmt, auf meine Weise.

Und so saßen wir im Wohnzimmer. Ich im Vierfüßler im Pool und mein Freund davor. Er hielt mir die Hände, massierte mich und schaute, wie er mir helfen kann und was mir guttut.

Es ist unfassbar, wie sich ein ganzer Raum ausblenden kann.
Auf einmal war meine Wahrnehmung nur noch bei mir, bei meinem runden Bauch, meinem sich fürs Kind öffnenden Körper. Ich dachte an Dinge, die ich gelernt hatte, bestimmte Atemtechniken, Posen und Motivationssprüche, aber ab einem gewissen Punkt war dies alles nicht mehr von Bedeutung.

Mein Körper wusste, was er zu tun hatte – mein kleines Mädchen wusste, was zu tun war.

Die Wehen umspülten mich und wurden stärker und stärker. Ich war wie in einem Trancezustand, der nur ab und an unterbrochen wurde, als ich meine Augen öffnete und meinen Freund ansah. Es war, als würde ich aus einer anderen Welt in die Realität schauen, von der ich vor ein paar Minuten auch noch Teil war.
Erst als ich in die Augen meines Freundes schaute, war ich mir wieder bewusst, wo ich war und was ich tat. Er sah so zerbrechlich aus und seine Seele schrie förmlich, weil er mir nichts abnehmen konnte. Für mich tat er jedoch alles, was er nur tun konnte. Er war da – für mich da, für die Ankunft unsere kleinen Tochter bereit. Mir selbst ging es besser in meiner winzigen Welt, darum schloss ich die Augen und sank zurück in meine Trance.

Die Wehen veränderten sich spürbar.
Während ich in der Eröffnungsphase von allen Naturgewalten geleitet war und diese auch aus mir heraustönten, so entspannten sich die Kräfte und zentrierten sich auf meinen Unterleib. Ich spürte, dass nun wirklich etwas aus mir heraus wollte.


Ich kam wieder im Hier und Jetzt an, holte mir einen warmen, stärkenden Blick von meinem Freund als Motivation und merkte, wie jetzt alles nach unten drang.

Was auch immer da für Kräfte auf mich einwirkten – alles strebte nach unten.

Ein wahnsinniger Pressdrang begann, der unwahrscheinlich befreiend wirkte. Ich merkte, dass meine Kleine zum Greifen nah war und so fasste ich zwischen meine Beine und spürte ein winziges Köpfchen, das halb herausschaute.
Die Wehen hielten inne und ich wusste, dass es so weit war. Erst eine wahnsinnig befreiende Wehe und dann kam unsere kleine Tochter mit einer wahnsinnigen Kraft aus meinem Körper und wurde vom warmen Wasser empfangen.

 

Da war sie also – unsere Tochter.
Ein winziges, rosiges Mädchen, ganz entspannt und mit geschlossenen Augen. So kam sie in diese Welt.

Ich hielt sie innig an mich gedrückt und empfand eine Liebe, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte.

Ich wusste, dass diese Liebe nie erlöschen könnte; wusste, dass dieses Kind immer mit mir verbunden sein würde.

Wie in Watte gehüllt und isoliert von der Außenwelt saßen wir drei in aller Stille da, hielten das Wunder, das den Raum zum Strahlen brachte und spürten in uns hinein, spürten in unser kleines Mädchen und erhaschten einen Augenaufschlag, der von solcher Klarheit war, dass es uns vor lauter Liebe den Atem verschlug.

 

Wenn ich an die Geburt unserer Tochter zurückdenke, habe ich oft Tränen in den Augen.
Es war alles so schön, so spannend und intim, so neu und doch vertraut, schnell und doch langsam, einfach richtig! Ich denke, dass ich mir die Geburt nicht schöner hätte ausmalen können.

Sie war wild, kraftvoll und animalisch, dabei voller Geborgenheit und Schönheit.

Ich würde nichts anders machen und bin froh, dass ich ohne Zweifel Vertrauen in mich und mein Kind hatte. Dass ich mich trotz meines mahnenden, kritischen, mir Angst machen wollenden Umfeldes gedanklich abgeschottet habe und die Geburt unseres ersten Kindes im Wohnzimmer unseres kleinen Häuschens zelebrieren konnte. Nur so war es richtig, nur so war es echt!

Jede Frau, ob schwanger oder nicht, möchte ich dazu ermutigen, an sich selbst zu glauben, sich selbst zu spüren, auf ihre Intuition zu vertrauen, sich wahrzunehmen und ihren Körper zu verstehen. Gerade, wenn sich darin ein kleines Wesen befindet, ist es unbeschreiblich schön ein inneres Band zu haben, das dich leitet, hält und eine wunderschöne Kommunikation zwischen dir und deinem Kind ermöglicht – ganz ohne Worte.
Nur so wie es war, kann ich sagen, dass ich aus meiner Kraft und der Kraft des Kindes ein kleines Wesen natürlich zur Welt gebracht habe.

 Zwei Monate genossen wir mit unserer kleinen Tochter zusammen das Wochenbett und nahmen es wörtlich:
wir kuschelten nackt im Bett und konnten uns an den winzigen Fingerchen, der weichen Haut, den kleinen Regungen und den wunderschönen Wimpern einfach nicht sattsehen.
Der Duft des Babys lag im Raum und umnebelte uns wie eine sanfte Wolke. Nicht eine Sekunde konnte ich meine Augen von ihr wenden, nicht einen Zentimeter zwischen uns bringen.

Jetzt ist sie schon 10 Monate alt und es hat sich nichts verändert. Die Liebe und Faszination zu ihr ist so groß wie am ersten Tag. Jeden Tag überrascht sie uns aufs Neue mit neuen Gesten, Lauten, Taten und immer neuer Mimik. Sie ist ein mutiges, waches Kind, das vor lauter Neugierde kaum zu bremsen ist.

Und so, wie sie mit einer einzigen bestimmten Wehe auf diese Welt kam, ist sie bis heute geblieben: mit dem Kopf durch die Wand. Sie ist wahnsinnig ausgeglichen, entspannt und zufrieden mit sich und ihrer Umwelt.

Die Geburt ist ein Prozess, den die Natur übernimmt.
Es ist unbeschreiblich, nicht in Worte zu fassen.
Keine Geste, kein Wort, kein Bild und kein Ausdruck kann dieses Ereignis treffend beschreiben. Man muss es erleben.“

 
Danke, liebe Marie, fürs Teilen deiner berührenden Geburtserfahrung!
Wir möchten mit dieser Geburtsgeschichte keine Geburtserfahrungen, ob zu Hause, im Geburtshaus oder in der Klinik, bewerten.
Mit persönlichen Geburtsgeschichten wollen wir Frauen Mut machen, sich ihren Geburtsort und die Geburtsbegleitung ganz bewusst zu wählen.

 

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